› Stille - Ein Weg zur Erkenntnis

1.0 Von der Stille

Einige Leute besuchten einen Mönch in seiner Einsamkeit und staunten, dass er in der Stille leben könne. Da führte der Mönch sie zu einem Brunnen und schöpfte Wasser. Er forderte sie auf, in den Brunnen zu schauen: »Was seht ihr?« »Wir sehen nichts.« Der Mönch wartete einige Zeit, dann fragte er wieder: »Was seht ihr?« Das Wasser im Brunnen war ruhig geworden, und so erkannten die Leute sich selbst. Da antwortete der Mönch: »Das ist die Erfahrung der Stille: Man erkennt sich selbst.«

2.0 Vom inneren Stillschweigen

Es gibt drei Arten von Stillschweigen: Das erste ist ein Stillschweigen der Worte, das zweite der Begierden und das dritte der Gedanken. Das erste ist vollkommen, das zweite vollkommener und das dritte das Vollkommenste. Das Stillschweigen der Worte dient dazu, die Tugend zu erlangen, das Stillschweigen der Begierden dient dazu, die Ruhe zu finden, und das Stillschweigen der Gedanken bringt die Seele zur inneren Einkehr. Wenn man nichts redet, nichts begehrt, und an nichts denkt, so kommt man zu dem echten wahren und geheimen Stillschweigen, in welchem Gott zu der Seele redet, sich ihr mitteilt, und sie in ihrem innersten Grunde die höchste und vollkommenste Weisheit lehrt.

Quelle: Text 1 entstammt einer unbekannten Quelle, Text 2 ist entnommen aus: Miguel de Molinos, Geistlicher Wegweiser, Buch 1, Kap. 17