› Entwicklung - Beobachtungen zur Evolution religiöser Ideen

1.0 Einleitung

Mit der Entwicklung und Veränderung eines Volkes bzw. einer Gesellschaft verändern sich auch die religiöse Einstellung und die Antworten auf die »letzten Fragen«. Man kann daher in der Entwicklung der Religionen gewisse Gesetzmäßigkeiten erkennen.

2.0 Polytheismus (Vielgottglaube)

2.1 Naturreligionen

Der frühe Mensch erkannte sich als abhängig von Naturgewalten. Um diese, für ihn unbegreiflichen Mächte verstehen zu können, wurden sie als Gottheiten personifiziert. Aus der Sehnsucht, diese Gewalten zu beherrschen entwickelten die Menschen magische Rituale. So steckt z.B. hinter dem Geisterglauben der Naturvölker die Beobachtung, dass wir durch längst verstorbene Personen – z.B. Vorfahren – geprägt und beeinflußt werden. Alte indianische Kulturen praktizierten rituelle Regen- und Schlangentänze um auf diese Mächte Einfluss zu nehmen.

2.2 Religionen der alten Hochkulturen

Zusätzlich zu den Naturphänomenen werden auch Eigenschaften und Tugenden in den Rang von Gottheiten erhoben (z.B. griechische und römische Gottheiten). Für den Ackerbau war das Erkennen der richtigen Anbauzeiten überlebenswichtig (z.B. Ägypten). Da die Zeit mit Hilfe der Gestirne gemessen wurde entwickelten sich Astralgottheiten.

3.0 Stammesmonotheismus (Henotheismus)

Zwischen Polytheismus und Monotheismus liegt eine Zwischenform, in der die Existenz mehrerer Götter zwar nicht geleugnet wird, für den eigenen Stamm aber nur ein einziger Schutzgott anerkannt wird (= Henotheismus). Mit der Hilfe dieses Gottes kämpft man gegen die anderen Stämme und ihre Götter. Dieses Denken führt uns zur Idee des »Heiligen Krieges« wie sie etwa noch im frühen Judentum (Moseserzählungen) eine große Rolle spielt.

4.0 Monotheismus (Eingottglaube)

Ein – meist abstrakt gedachter – Gott ist Schöpfer und Grund des ganzen Universums. In diesem Glauben kann es keinen heiligen Krieg geben, da Gott der Beschützer aller Menschen (auch der Feinde) ist. In aller Konsequenz zu nde gedacht führt die Idee des Monotheismus zum umfassenden Gebot der Feindesliebe wie es z.B. Jesus in der Bergpredigt formuliert hat, weil in diesem einzigen Gott alle Menschen (auch die sogenannten »Feinde«) ihren gemeinsamen Ursprung haben.

4.1 Geistige Rückschläge

Trotz dieser Ideale wurden auch im Namen des Christentums Kriege geführt, und die Rede vom Heiligen Krieg spielt im Islam noch heute eine traurige Rolle. Aber auch die Kämpfe in Nordirland sind weit vom Geist der Bergpredigt entfernt. Was läßt sich daraus ableiten? Zunächst einmal, dass Menschen die sich religiöse Ideale auf ihre Fahnen heften deren Sinn nicht verstanden haben müssen...

4.2 Nebeneinander unterschiedlicher Ideen

Weiters zeigt sich, dass man in Religionen häufig Elemente verschiedener Entwicklungsstadien nachweisen kann. So erklärt sich die Rede vom »Heiliger Krieg« im Islam, oder die Idee der Kreuzzüge im Christentum, als Überbleibsel einer früheren Stufe der religiösen Entwicklung (Stammesmonotheismus). Dieses Phänomen des Nebeneinanders verschiedenartiger Ideen lässt sich auch im Buddhismus zeigen, in dem die Geisterverehrung zum Teil immer noch eine große Rolle spielt. Und der angeblich polytheistische Hinduimus kennt ebenso die Idee des EINEN Göttlichen in der Idee des Brahman (»Urgrund«).